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Jun 15, 2023

Interview: Stefan Hunziker, Leitender Rettungssanitäter und Hebezeuglehrer, Rega

Mit Stützpunkten in der ganzen Schweiz kann die Rega damit rühmen, jeden Ort innerhalb von 15 Minuten Flugzeit erreichen zu können. Jon Adams spricht mit Stefan Hunziker, leitender Rettungssanitäter im Airbus H145-Helikopter und Hebezeugausbilder, über seine Rolle beim Schweizer Rettungsdienst

Da Einsätze flugtechnisch komplex und medizinisch sehr anspruchsvoll sein können, besteht die Hubschrauberbesatzung in der Regel aus einem Piloten, einem Rettungssanitäter – in der Zusatzfunktion des Helicopter Emergency Medical Services (HEMS) auch als Crew Member und Winch Operator (WOP) – und einem Flugnotarzt. Der Rettungssanitäter fungiert als Bindeglied zwischen Luftfahrt und Medizin. Ihr Aufgabengebiet ist sehr abwechslungsreich und anspruchsvoll. Bei einer Primärmission könnten wir beispielsweise gemäß den Verfahren zum „Helikopterabflug bei Nebel“ von der Hubschrauberbasis starten, um sicher über den Nebel zu gelangen, und uns dann auf den Weg zum Unfallort machen. Dort führt das Team möglicherweise eine komplexe Rettungshebeoperation in schwierigem Gelände durch und leistet medizinische Notfallversorgung für einen schwerverletzten Patienten. Auf dem Weg zum am besten geeigneten Traumazentrum könnten wir erneut auf schlechte Sicht stoßen und entsprechend weiterfahren Instrumentenflugregeln (IFR). Um das beste taktische Vorgehen zur Rettung des Patienten zu ermitteln, verlasse ich mich auf meine fortlaufende Ausbildung in Luftfahrt und Medizin sowie auf meine langjährige Einsatzerfahrung.

Bei einem Rettungsaufzugseinsatz bin ich für die Bedienung des Rettungsaufzugs verantwortlich. Zu unseren anspruchsvolleren Aufgaben als Rettungssanitäter / HEMS-Crewmitglied gehört es, den Helikopterrettungsspezialisten oder den Notarzt punktgenau an der Unfallstelle abzusetzen und anschließend den Retter und den Patienten abzuholen – Manöver, die höchste Präzision und Perfektion erfordern Teamarbeit aller Besatzungsmitglieder. Nachdem der Patient mit der Rettungswinde evakuiert wurde, helfe ich dem Notarzt bei der medizinischen Versorgung. Beim anschließenden satellitengestützten Instrumentenflug unterstütze ich erneut den Piloten im Cockpit beim Anflug auf das Krankenhaus.

Der Rettungssanitäter/HEMS-Besatzungsmitglied fungiert somit während des Fluges als rechte Hand des Piloten und unterstützt ihn bei der Navigation, der Identifizierung von Hindernissen und der Kommunikation über Funk mit Einsatzpartnern. Vor Ort unterstützt der Rettungssanitäter den Notarzt bei der Versorgung des Patienten. Bei Rettungen in ungünstigem Gelände bedienen sie auch die Rettungswinde.

Angesichts der mit Hebevorgängen verbundenen Gefahren stellt die Akkreditierung sicher, dass Helikopter-Hebevorgänge sicher und effizient durchgeführt werden, sagt Amy Arndt, Programmdirektorin bei der National Accreditation Alliance of…

Bei der Rega starten Rettungssanitäter/HEMS-Besatzungsmitglieder bereits als zertifizierte Rettungssanitäter mit umfassender Berufserfahrung im bodengebundenen Rettungsdienst. Um sich die Rega-spezifischen Kompetenzen anzueignen, absolvieren sie eine umfassende interne Grundausbildung, die aus verschiedenen Ausbildungsmodulen besteht. In dieser Grundausbildung erlernen sie die Einleitung und Durchführung fortgeschrittener medizinischer Eingriffe am Patienten sowie den Umgang mit der notfallmedizinischen Ausrüstung der Rega. Darüber hinaus wird ihnen die Durchführung komplexer Primäreinsätze und Sekundäreinsätze (Verlegungen zwischen Krankenhäusern) vermittelt.

Im Hinblick auf die Luftfahrt konzentriert sich die operative Ausbildung auf die fliegerische Ausbildung, wie sie in unserem Schulungshandbuch definiert ist, das Teil des von der Zivilluftfahrtbehörde genehmigten Betriebshandbuchs ist. Das Sanitäter-/HEMS-Besatzungsmitglied muss wissen, wie die Piloten sowohl normale als auch anormale Flugabläufe durchführen und wie sie den Piloten unterstützen können. Sie werden auch in der Bedienung der verschiedenen Systeme im Rega-Helikopter geschult, allerdings ohne die direkte Kontrolle über das Flugzeug zu übernehmen. Weitere Schwerpunkte sind die Instrumentenflugausbildung zur Unterstützung des Piloten und die Zusammenarbeit im Team während einer Mission.

Fast ein Fünftel aller Rega-Helikoptereinsätze finden nachts statt. Damit dies möglich ist, sind vertiefte Kenntnisse über Nachtflüge, Suchflüge und Night Vision Imaging Systems (NVIS) erforderlich. Zum Cockpit- und Nachtflugtraining gehören auch Übungen im Simulator und Trainingsflüge bei Nacht. Auch nach Abschluss der Grundausbildung muss das Gelernte regelmäßig geübt werden.

Die Grundausbildung zum WOP beinhaltet die Ausbildung von Einsätzen mit der Rettungswinde in unterschiedlichem Gelände. Zunächst trainieren wir im Flachland, wo wir mit unterschiedlichen Kabellängen arbeiten und die Bedingungen durch das Einbringen von Hindernissen immer schwieriger werden. Im Verlauf des Kurses finden die Trainingsübungen im alpinen und hochalpinen Gelände statt, meist mit kurzen Seillängen. Anschließend üben wir alle Notfallmaßnahmen und absolvieren Schulungsflüge mit verschiedenen Bergungsgeräten und in Zusammenarbeit mit anderen Rettern. Die Ausbildung wird mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung abgeschlossen. Erst wenn ein Rettungssanitäter/HEMS-Besatzungsmitglied ausreichend Erfahrung als WOP bei Einsätzen bei Tageslicht gesammelt hat, wird er für die Durchführung von Rettungswindeneinsätzen auch bei Nacht ausgebildet.

Der WOP muss in der Lage sein, das Gelände zu „lesen“, in dem die Mission stattfindet. Dies erfordert ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen und die Fähigkeit, zwei Schritte vorauszudenken. Sie müssen viele verschiedene Faktoren wie Hangneigung, Bodenbeschaffenheit, Objekte oder Hindernisse in der Umgebung, Lichtverhältnisse oder die wechselnden Wetterbedingungen an der Unfallstelle im Blick behalten und eine Strategie für die Einstellung entwickeln Helikopter-Rettungsfachkraft bzw. Flugnotarzt absetzen und sicher positionieren. Dazu muss der WOP in der Lage sein, die Entfernung zum Absetzungspunkt richtig einzuschätzen, eine gute Abstandskontrolle in Bezug auf die Höhe etwaiger Hindernisse im Gelände zu haben und gleichzeitig die Fluggeschwindigkeit genau einzuschätzen. Während sie all diese unterschiedlichen Eindrücke verarbeiten, müssen sie auch die Rettungswinde richtig bedienen.

Zu unserer Ausrüstung gehören funktionelle Arbeitskleidung, die in mehreren Schichten getragen werden kann, ein leichter, robuster Flugbesatzungshelm mit freihändigem Ultraleicht-Lippenlicht und eine Sicherheitsweste mit verstellbarem Haltegurt. Der Befestigungspunkt eines WOP-Gurts liegt am Oberkörper und nicht bei einem Gurt über dem Becken, da eine Weste im Flug einfacher anzuziehen ist, wenn sie noch nicht angelegt wurde; Auch nachts lässt sich die Weste mit den entsprechenden Schnallen und Sicherheitsgurten leichter kontrollieren. Der Kabinengurt verfügt außerdem über einen Schnelllösemechanismus, der es dem WOP ermöglicht, sich bei Bedarf schnell aus einer Notsituation zu befreien.

Alle unsere Rettungshubschrauber sind mit einer Rettungswinde mit 90 Meter langem Seil ausgestattet. Der Abwind des Hubschrauberrotors stellt eine große Gefahrenquelle für Retter und Patienten an der Unfallstelle dar. Um ein Drehen der horizontalen Last zu verhindern, führen wir die meisten Rettungswindeneinsätze mit einer Seillänge von über 50 Metern durch und fliegen den Rettungswindeneinsatz dynamisch und nicht statisch. Bei einem Windeneinsatz stoßen wir oft auf Hindernisse mit einer Höhe von 45 Metern, wie zum Beispiel Bäume. Befinden sie sich in einer Schlucht oder an einem steilen Hang, beträgt die Länge der Rettungswinde in der Regel 70–80 Meter.

Mario Pierobon untersucht den Rettungsvorgang bei der Hebekabelführung und geht dabei detailliert auf die mit diesem entscheidenden Verfahren verbundenen Gefahren ein

Bei der Alarmierung am Helikopter-Stützpunkt oder bei der Navigation des Helikopters zur Unfallstelle liefern uns die detaillierten Daten unserer Rega-App und der Bordkarte mit Hindernissen in der Umgebung viele Informationen darüber, was wir tun was wir in der Luft hinsichtlich der Topographie und möglichen Gefahren vor Ort erwarten können. Die Rega nutzt Flughindernisdaten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt, die vom Aviation Data Collection Service (DCS) verarbeitet werden. Darüber hinaus erfassen wir Flughindernisdaten, die wir in unsere Karten integrieren.

Wir verwenden die Standard-Gegensprechanlage des Hubschrauberherstellers (Airbus und Leonardo) und kommunizieren außerhalb des Hubschraubers über ein tragbares Motorola GP360-Funkgerät mit Monophon, das an die Helme der Besatzungsmitglieder angeschlossen ist. Dadurch sind wir stets an ein Kommunikationssystem angeschlossen und können sowohl von den anderen Besatzungsmitgliedern als auch von Missionspartnern kontaktiert werden.

Zum Glück nicht persönlich. Unsere Besatzungen schulen jedoch die Notfallmaßnahmen für den Umgang mit solchen Vorkommnissen. Um zu lernen und auf Notfallsituationen bei Hebearbeiten vorbereitet zu sein, analysieren und diskutieren wir Vorfälle, die sich bei früheren Einsätzen ereignet haben, sowie solche, die von anderen Hubschrauberbetreibern gemeldet wurden.

Die Rega führt seit über 50 Jahren Rettungseinsätze mit Rettungswinden durch. Durch professionelle und standardisierte Vorgehensweisen sowie regelmäßige Schulungen haben wir unser Fachwissen stetig verbessert. Im Bereich Rettungswindeneinsätze bei Nacht haben wir in den letzten Jahren mit hochauflösenden NVIS und hochmodernen Helikopter-Außenleuchten, die in enger Zusammenarbeit mit Airbus entwickelt und teilweise speziell für unsere Bedürfnisse gefertigt wurden, große Fortschritte gemacht. Dies hat die Sicherheit bei Einsätzen deutlich erhöht. Die Ausleuchtung des Geländes und des Absetz- bzw. Aufnahmepunktes des Retters/Patienten ist eines der Kernelemente einer Rettungswinde bei Nacht. Für nächtliche Rettungswindeneinsätze nutzen wir die am Heckausleger montierte externe Mehrzweckleuchte von Airbus; Bei einer guten Einstellung der Lichter hat das WOP den Retter immer in einem Lichtkegel im Bereich zwischen 30 und 70 Metern.

Jede Mission ist anders und es gab einige sehr herausfordernde. Hierzu zählen zweifelsohne auch die Einsätze mit der Rettungswinde bei Nacht und widrigen Bedingungen. Nachts kann es sein, dass Sie einen Teil Ihrer räumlichen Sicht verlieren und Partikel (Regen, Schnee, Staub usw.), die sich in der Luft bewegen, die Sicht beeinträchtigen, wenn die Scheinwerfer eingeschaltet sind. Bei einem nächtlichen Rettungswindeneinsatz ist die Orientierung beim Wechsel von der Nachtsichtbrille zum bloßen Auge im Flug schwierig, was wir bei der Erkundung der Unfallstelle tun, wenn die Scheinwerfer des Hubschraubers gut funktionieren, um die räumliche Sicht und die Ausleuchtung der Unfallstelle zu nutzen Terrain.

Alle Rega-Rettungshelikopter sind gleich ausgestattet. Der Retter trägt immer einen Ganzkörpergurt. Die horizontale Rettungsausrüstung besteht aus einem Rettungssack und einem horizontalen Netz. Bei der Vertikalrettung nutzen wir in der Regel das Rettungsdreieck, welches zugleich das am häufigsten eingesetzte Rettungsgerät am Rettungslift ist. Der Notarzt und die Rettungsausrüstung werden immer mit einem Stahlkarabiner (dreifach verriegelt und standardmäßig mit einer Belastungsgrenze von 50 kN) am Haken der Rettungswinde befestigt, was die Sicherheit deutlich erhöht. Die Rettungsgeräte verfügen über unterschiedliche Farben mit verschiedenen leuchtenden oder reflektierenden Oberflächen, was die Vorbereitung und Handhabung dieser Ausrüstungsgegenstände im Feld und das sichere Arbeiten bei Nacht erleichtert.

Die Teamarbeit zwischen Pilot, Rettungssanitäter/HEMS-Besatzungsmitglied und Notarzt muss regelmäßig geschult werden. Standardisierte Betriebsabläufe, die in unseren Handbüchern genau definiert sind, ermöglichen unseren Besatzungen an verschiedenen Stützpunkten auch die Durchführung schwieriger und komplexer Rettungsaktionen in unterschiedlichem Gelände. Darüber hinaus ermöglicht diese Standardisierung eine problemlose Zusammenarbeit von Besatzungsmitgliedern verschiedener Stützpunkte im Rahmen einer Mission, da alle nach den gleichen Verfahren agieren.

Wir schulen fünf verschiedene Berufsgruppen an der Rettungswinde – Piloten, Rettungssanitäter/HEMS-Crew-Mitglieder, Notflugmediziner, Helikopter-Rettungsspezialisten und andere technische Crew-Mitglieder. Die Abläufe werden durch entsprechende Rettungsaufzugskontrollen tagsüber und teilweise auch nachts immer wieder verstärkt.

Jon ist der Herausgeber von AirMed&Rescue. Zuvor war er Herausgeber des Clinical Medicine and Future Healthcare Journal des Royal College of Physicians, bevor er im November 2022 die Redaktion übernahm. Sein Lieblingshubschrauber ist der Army Air Corps Lynx, den sein Vater fliegen sah, als er auf Armeestützpunkten aufwuchs.

Was ist bei der Durchführung einer Helikopterrettung zu beachten?Welche spezielle Ausbildung benötigen Sie für Ihren Job?Was beinhaltet die Ausbildung zum Rettungssanitäter/Rettungssanitäter?Welche Fähigkeiten oder Kenntnisse benötigt ein WOP/Sanitäter, um diese komplexe Arbeit auszuführen?Sie benötigen für Ihre Arbeit spezielles Equipment? Bei einem Rettungseinsatz sind Sie Lärm, unwirtlichem Gelände und Zeitdruck ausgesetzt. Wie kann man trotz alledem mit der Crew kommunizieren? Nutzen Sie zum Beispiel spezielle Codes, Handzeichen, moderne Kommunikationsgeräte oder eine Kombination davon?Gab es bei Ihnen schon einmal Zwischenfälle mit dem Hebezeug und wenn ja, wie konnten Sie sich aus der Situation befreien?Wie hat sich die Hebezeugrettung seit den Anfängen verändert, welche Fortschritte wurden in Bezug auf Verfahren, Fähigkeiten oder Ausrüstung gemacht und was hatte den größten Einfluss auf Ihre Arbeit?Was war die schwierigste Rettung, an der Sie beteiligt waren?Verfügen alle Helikopter über die gleiche Hebeausrüstung oder variiert diese je nach Situation?Gibt es etwas zum Thema Hebearbeiten, das noch nicht erwähnt wurde?
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